22. Juli 2023 / Allgemeines

Wisente-Schutzprojekt hängt am seidenen Faden

Ein WWF-Experte sieht für Deutschlands einzige freilebende Wisent-Herde wenig Chancen. Nur wenn Nordrhein-Westfalen die Verantwortung übernehme, sei das Projekt zu retten.

Wie sieht die Zukunft der Wisent-Wildnis im Sauerland aus?
von dpa

Für Deutschlands einzige freilebende Wisent-Herde und das europaweit beachtete Artenschutzprojekt sieht es nach Einschätzung der Umweltorganisation WWF nicht gut aus. «Es wäre wichtig, dass es eine Perspektive für diese Tiere in Freiheit gibt, aber ich habe da keine große Hoffnung», sagte WWF-Wildtierexperte Moritz Klose der Deutschen Presse-Agentur. Die einzige Lösung sei, dass das Land Nordrhein-Westfalen die Verantwortung übernehme und das Artenschutzprojekt mit veränderter Struktur und mehreren kompetenten Beteiligten neu aufstelle.

Das Projekt hängt zehn Jahre nach seinem gefeierten Start an einem seidenen Faden. Eine zunächst achtköpfige Herde war im Wittgensteiner Land im Rothaargebirge freigesetzt worden, auf Grundlage eines Vertrags zwischen dem Trägerverein Wisent-Welt-Wittgenstein, dem Kreis Siegen-Wittgenstein und der Bezirksregierung Arnsberg. Die Herde wanderte, verursachte große Schäden an Bäumen. Streitigkeiten wurden teilweise auch vor Gericht ausgefochten. Im Herbst 2022 erklärte der Trägerverein die Tiere für «herrenlos» - und sich selbst für nicht mehr zuständig. Kreis und Land NRW reagierten verärgert. Der Kreis verkündete die Abwicklung des Projekts.

Freilebende Tiere

«Deutschland hat eine Verantwortung für diese Art, die europaweit streng geschützt ist», unterstrich Klose, WWF-Programmleiter Wildtiere in Deutschland und Europa. «Sollte das Projekt scheitern, könnte das auch eine fatale Signalwirkung haben», warnte Klose mit Blick auf andere europäische Länder. Derzeit geht der WWF von einem Bestand von rund 7200 freilebenden Wisenten in Europa aus.

«Die Wisente standen kurz vor dem Aussterben. Ihre Rückkehr ist eine Erfolgsgeschichte», schilderte Klose. Für ein Fortbestehen der Wisente - auch Europäischer Bison genannt - seien sowohl Tiere in Gefangenschaft als auch in Freiheit wichtig.

Sollte das Land sich weigern, die Verantwortung für das Projekt zu übernehmen, kommen nach WWF-Angaben nur zwei weitere Optionen in Betracht: «Die Tiere werden entnommen, das Land lässt sie also einfangen und versucht sie in anderen europäischen Ländern in dortigen Projekten unterzubringen, die aber wohl kaum "Juhu" schreien werden», meinte Klose. Oder aber - das sei unwahrscheinlich - die Wisente würden erschossen.

Nach Angaben des Waldbauernverbands NRW von Ende Juni handelt es sich um rund 40 Tiere, die sich inzwischen in zwei Herden im Siegerland und im Hochsauerlandkreis aufhielten. Der WWF geht von 30 bis 35 Tieren aus.


Bildnachweis: © Oliver Berg/dpa
Copyright 2023, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Ihre Nachrichten fehlen auf der Gütersloh App? 

Meistgelesene Artikel

Polarlichter bringen Deutschlands Nachthimmel zum Leuchten
Allgemeines

Polarlichter haben am Wochenende für ein buntes Spektakel am Nachthimmel über Deutschland gesorgt. Auslöser dafür war ein extrem starker Sonnensturm.

weiterlesen...
Portugiesische Nationalmannschaft trainiert am 14. Juni im Heidewald-Stadion
Stadt Gütersloh

Knapp 6000 Fans dürfen sich über kostenlose Karten freuen – Ausgabe von maximal vier Tickets pro Person im Rahmen...

weiterlesen...
„Mir ist wichtig, dass wir viel und offen sprechen“
Im Interview

Gespräch mit Pfarrer Thorsten Roland

weiterlesen...

Neueste Artikel

Warum Fäkalien Großbritanniens Küste verpesten
Allgemeines

Kaum ein Land in Europa hat so viel Küste wie das Vereinigte Königreich. Doch die «Great British Seaside» wird zunehmend von Abwasser verschmutzt. Die Gründe dafür sind haarsträubend.

weiterlesen...
Hochwassernacht im Saarland - Scholz versichert Solidarität
Allgemeines

Straßen und Häuser unter Wasser, Tausende Rettungseinsätze und Sorge um eine Altstadt: In 24 Stunden fällt im Saarland stellenweise mehr Regen als im gesamten April. Kanzler Scholz besucht die Region.

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Warum Fäkalien Großbritanniens Küste verpesten
Allgemeines

Kaum ein Land in Europa hat so viel Küste wie das Vereinigte Königreich. Doch die «Great British Seaside» wird zunehmend von Abwasser verschmutzt. Die Gründe dafür sind haarsträubend.

weiterlesen...
Hochwassernacht im Saarland - Scholz versichert Solidarität
Allgemeines

Straßen und Häuser unter Wasser, Tausende Rettungseinsätze und Sorge um eine Altstadt: In 24 Stunden fällt im Saarland stellenweise mehr Regen als im gesamten April. Kanzler Scholz besucht die Region.

weiterlesen...
ANZEIGE – Premiumpartner